2001 – Hohe Tauern Schobergruppe 01.09. – 09.09.2001

 

 

01.09. Anreise Parkplatz Seichenbrunn Lienzer Hütte 1977m

 

Nach mehr oder weniger Planung und Vorbereitung und etlichen Telefonaten ist heute der große Tag. Um 7:00 Uhr Abfahrt bei Elisabeth, pünktlich, wie Michael angegeben hat. Ich habe mich auch bemüht, aber außergewöhnliche Umstände haben meine Pünktlichkeit um zehn Minuten verzögert, schließlich musste ich ja auch noch die Brötchen besorgen. So muss ich mir schon jetzt einiges anhören, das fängt ja gut an.

Das Auto ist voll bepackt und nach kurzer Verabschiedung fahren wir los. Es ist ziemlich viel Verkehr, aber wir kommen gut voran. Zwei kurze Pausen, danach ist Fahrerwechsel. Franz sitzt am Steuer und schon ... stehen wir im Stau. Wir hätten den Nachrichten besser zuhören sollen, na ja, so freuen wir uns über viele, viele Autos.

Die Hinterbänkler Elisabeth, Etwina und ich werden mit Kreuzworträtseln und ähnlichem beschäftigt. Schön, die Bemerkung von Franz: Wenn man die Kinder auf der Rückbank beschäftigt, hat man vorne Ruhe...

Nachdem wir den Stau gemeistert haben, geht es wieder flott weiter. Danach ist erneuter Fahrerwechsel, uns fragt überhaupt keiner, Michael übernimmt wieder das Steuer. Franz ist als Kartenleser gefordert. Die Fahrt zum Parkplatz Seichenbrunn verläuft recht lustig, da Michael zu pubertärer Fahrweise zurück fällt. Jede Straßenwelle, jede Unebenheit und jedes Schlagloch fährt er sehr magenfreundlich aus und freut sich darüber. Irgendwann machen wir uns allerdings Gedanken, ob Manfred diesen Platz überhaupt kennt, wo er uns hinbeordert hat. Aber wir finden den Parkplatz, es ist 15:00 Uhr und Umziehen ist angesagt. Wir haben noch genug Zeit, 17:00 Uhr ist Treffpunkt an der Lienzer Hütte. Wir stellen uns gerade vor, dass uns Manfred dort schon erwartet und mit einem Tablett Schnaps begrüßt.

Plötzlich taucht auch Manfred auf, sehr zu unserer Überraschung. Nichts ist mit der vorgestellten Begrüßung. Wo bleiben da die Führerqualitäten? Erste Zweifel melden sich. Um 16:00 Uhr sind wir alle abmarschbereit und laufen einen bequemen Fahrweg zur Lienzer Hütte. Manfreds Familie begleitet uns.

Hier trifft uns fast der Schock, die Hütte ist voll belegt, und wir können nur auf den Bänken schlafen. Erste Überlegung, weiterlaufen zur Wangenitzseehütte, aber es regnet ziemlich stark und außerdem ist es schon spät. Nach nochmaligem Verhandeln haben wir auf einmal ein Lager für uns und ein Familienzimmer für Manfred. Und wieder stellt sich die Frage der Führerqualität, wie hat er das jetzt geschafft?

Das Abendessen schmeckt und nach Überprüfung der Getränkekarte findet sich auch hier für jeden etwas. Der Schnaps, nach Aussage des Wirtes trinkt man hier Pregler, schmeckt uns gut, nicht wahr, Michael? Thema des Abends ist die bereits nach zwei Stunden vorliegende Minusliste des angehenden Führers, die aber nach reiflicher Überlegung aller Gruppenmitglieder als entwertet betrachtet wird. Jeder braucht schließlich seine Einlaufzeit und wir beschließen, ab morgen gilt es erst. Gut, dass Manfred diese Gespräche nicht so mitbekommt, er liegt nämlich schon längst mit Christoph und Dagmar im Bett.

Für uns ist um 21:00 Uhr Bettruhe. Wie immer muss man sich erst mal im Schlafsack zurechtfinden, aber heute sind wir ganz gut müde und so ist es bald still im Lager. Aber die Ruhe dauert nicht lange, denn es zieht hier überall durch. Es gibt keine Türen zwischen den einzelnen Lagern und so baut Michael mit sämtlichen Decken einen Vorhang um den Eingang zu unseren Betten. Das dauert natürlich und geht auch nicht so schnell..

 

 

02.09. Untere Seescharte 2593m – Wangenitzseehütte 2508m

 

Nach einer doch ziemlich unruhigen Nacht ist um 7:00 Uhr alles auf den Beinen. Der Blick zum Himmel verspricht Regen. Aber zuerst frühstücken wir mit Ruhe. Um 9:00 Uhr verabschieden wir uns von Dagmar und Christoph, die zum Parkplatz zurückgehen.

Wir beginnen den Aufstieg zu unteren Seescharte. Ein abwechslungsreicher, nicht schwieriger Steig, Weideflächen mit Schafen, verstreute Tümpel, Blumen und einige Steine bieten einen abwechslungsreichen Weg. Das Wetter ist diesig, nebelig, ab und zu graupelt es. Es liegt ein wenig Neuschnee und der Wind ist kalt. Trotzdem wird uns beim Aufstieg warm und die Alpensauna beginnt. Jacke aus, Jacke an...

An der unteren Seescharte machen wir eine kleine Pause, aber der kalte Wind treibt und gleich weiter. Von hier zur Wangenitzseehütte sind es nur noch knapp 30 Minuten, wir laufen oberhalb des Sees entlang. Dieser Weg bietet einen kleinen Klettersteig, den wir aber mühelos hinter uns bringen und eine Hängebrücke verleitet uns zu mutigen Fotos.

Um 12:00 Uhr sind wir an der Wangenitzseehütte. Wir beziehen unser Lager und dann ist Mittagspause. Heute brauchen wir erst mal Tee und warme Suppe. Manfred überlegt, ob wir den Aufstieg zum Petzeck heute schon wagen. Nach Rücksprache mit dem Hüttenwirt lassen wir es, das Wetter ist zu unbeständig, außerdem zieht gerade wieder Nebel auf.

Wir gehen auf eine Einlauftour um den See mit Seesteig. Fast ist es ein Spaziergang, ohne Gepäck, weite Steinlandschaften, schöne Rundumsicht und als kleines Zuckerl zwei hochalpine Steige. Etwina, sehr skeptisch, meistert die Schwierigkeiten bravourös und auch Franz geht souverän als Schlussmann über alle Felsen.

Irgendwie fehlt uns noch etwas, es ist noch zu früh, um zur Hütte zurückzugehen. Also hoch zur oberen Seescharte 2604m. Von dort haben wir einen schönen Blick, wir können unsere nächsten Gipfel erkennen. Aber schon nach zwei Minuten liegt alles wieder in den Wolken, also gehen wir zurück und sind um 16:00 Uhr wieder in der Hütte. Freizeitprogramm, Eingewöhnen, Bericht schreiben, Ausruhen, im Gastraum ist der Kachelofen an, es ist gemütlich. Das Wetter hat sich auch ergeben, Abendsonne und gute Sicht und nicht mehr so kalt.

Nach gutem Abendessen und einem Glas Rotwein ist um 21:30 Uhr Bettruhe. Eigentlich ist auch jeder müde, aber es ist Vollmond und er scheint genau in unser Lager. Es ist taghell und an Schlaf ist gerade nicht zu denken. Franz hat die rettende Idee und hängt den Mond im Fenster mit einem Handtuch ab. Und dann ist irgendwann auch mal Schlafen angesagt.

 

 

03.09. Petzeck 3283m

 

Um 6:00 Uhr fängt die große Unruhe im Zimmer an, Lagerräumen, Frühstück um 7:00 Uhr, Aufbruch um 7:20 Uhr, zumindest ist der Aufbruch geplant. Michael möchte mit Selbstauslöser ein Bild von uns allen machen, und es dauert und dauert und dauert. Nach dem dritten Anlauf hat er es geschafft und wir können los.

Es ist blauer Himmel, Sonne, wunderbare Sicht. Laut Führer ist es ein unschwieriger Weg, ca. 3 Stunden, bei guten Wetterverhältnissen. Heute allerdings liegt ziemlich viel Neuschnee und der Weg ist teilweise gefroren. Die Steine sind feucht und überall glitzert Eis. Wir müssen gut aufpassen und so kommen wir ziemlich langsam voran. Außerdem drücken die Rucksäcke. Es geht durch Fels, Schuttrippen, die Schneegrenze liegt tief, es ist steil und steinig und auch einige Seilsicherungen warten auf uns.

Große Steinbrocken erfordern Klettern und irgendwann lassen Etwina und ich die Rucksäcke zurück und schon geht es leichter. Damit ist auch geklärt, dass wir diesen Weg wieder zurück gehen, das erspart uns weitere Überlegungen.

Trotzdem zieht sich der Weg und über ein ausgedehntes Firnfeld geht es hoch zum Gipfel. Wir sind die ersten an diesem Morgen und stapfen durch den unberührten Schnee. Eigentlich ist das schön, aber Manfred bleibt die undankbare Aufgabe des Schneetreters. Auch der letzte Anstieg zum Gipfel ist bei diesen Schneeverhältnissen ziemlich anstrengend, da auch die Markierungen schlecht zu erkennen sind.

Aber oben angekommen werden wir belohnt. Am Gipfelkreuz erwartet uns eine grandiose Aussicht, Großglockner, Großvenediger, Hoher Sonnblick, ein absolut schöner Rundblick von der Riesenfernergruppe bis zum Dachstein, Sonne, blauer Himmel, der Traumtag. Manfred hat seine Führerqualität wieder bewiesen und den richtigen Tag für diese Tour ausgesucht. Etwina, Michael und Franz haben ihren ersten 3000er gepackt, das ist schon einen Gipfelkuss wert.

Nach uns kommen noch mehrere Gruppen zum Gipfel. Wir beenden unsere Rast und steigen ab. Auch das ist bei diesem vielen Neuschnee nicht so einfach, der Abstieg durch Steine und Geröll ist anstrengend. Der Weg ist lang und Etwina und ich vermissen schon unsere Rucksäcke. Irgendwann finden wir sie wieder, leider hat sie keiner mit nach unten genommen. Wir halten noch eine Rast auf einer schönen Blumenwiese mit einem Wasserfall in der Nähe. Dort können wir unsere Trinkflachen auffüllen. Sonne, blauer Himmel, warm, schön, so möchten wir es in dieser Woche haben.

Wir laufen weiter und sind gegen halb vier an der Wangenitzseehütte. Manfred hat inzwischen das Programm für heute geändert, zum Weiterlaufen zur Adolf-Noßbergerhütte ist es zu spät. Die Tour bei diesen Schneeverhältnissen hat doch mehr Zeit gekostet als geplant. Gestern hätten wir das sicher überhaupt nicht geschafft. Also wieder eine gute Entscheidung für heute.

Dann ist Erholung angesagt, auf der Terrasse gibt es Radler und Michaels 3000er Gipfelschnaps. Sechs Gläser stehen auf dem Tablett, leider sind nur fünf gefüllt, Michael steht also wieder im Bericht, ebenso wie Franz, der als unruhiger Geist enttarnt wird. Aber der Gleichheit willen erwähne ich auch die anderen. Etwina, die sich heute super tapfer geschlagen hat, Elisabeth, die mit uns auch noch ihr Gymnastikprogramm durchzieht, Manfred, der heute seine Führerqualitäten optimal unter Beweis stellt und zu mir, mal wieder zum Schreiben des Berichts hochgelobt, fällt mir da, wenn überhaupt, nur Positives ein, alles Negative über mich wisst ihr eh... vielleicht müsste Michael doch mal was schreiben.

Nachdem sich die Sonne hinter den Wolken versteckt hat und es doch wieder empfindlich kalt wird, beziehen wir unsere Lager, Zimmer 7, aber dieses Mal müssen wir nach oben klettern, unten ist schon belegt.

Unser Abendessen zieht sich ziemlich lange hin, die Hütte ist gut besucht. Wir sind müde, denn die Tour war schon ziemlich anstrengend.

So begeben wir uns um 21:00 Uhr in die Nacht. Ganz schnell ist Ruhe, und heute stört auch kein Mond.

 

 

04.09. Niedere Gradenscharte 2796m – Adolf-Noßbergerhütte 2488m

Um 7:00 Uhr ist Aufstehen, wir verbessern unser etwas dürftiges Frühstück mit Schinken und Käse aus dem mitgebrachten Proviant. Die Rucksäcke werden gepackt, um 7:30 Uhr wollen wir aufbrechen und alle stehen bereit. Aber Michael möchte mal wieder unbedingt in den Bericht. Er sucht noch seine Steigeisen, es ist eisig kalt und wir mosern schon ein bisschen herum. Endlich hat er sie in seinem tiefen Rucksack gesichtet und so gehen wir um 7:45 Uhr los.

Sofort beginnt die Steigung und schon friert keiner mehr. In Kehren geht es Geröllhalden hoch, steinig, ewig lange und über Felsen erreichen wir einen kleinen Eistümpel mit einer Steinmandlstadt und queren das Perschitzkar. Der Weg beinhaltet einige Seilsicherungen und so müssen wir klettern. Leider ist die Sicht nicht gut, es ist ziemlich verhangen und diesig, aber wir sind froh, dass es nicht regnet, denn dann wäre der Weg sehr schwierig zu gehen. Über den Ferdinand-Koza-Weg geht es weiter und wir halten Mittagsrast am Eissee. Nomen est Omen, es ist eisig kalt, fast friert das Brot in der Hand und selbst der Schnaps kann nicht helfen. Schnell Handschuhe und Mütze an, die Mittagspause wird stark verkürzt.

Wir beginnen den Abstieg zur Adolf-Noßbergerhütte, ein eisiger Wind begleitet uns. Es geht über ausgedehnte Gletscherschlifflandschaften. Eigentlich kann man ganz gut über diese Steine laufen, aber trotzdem stolpere ich über einen Stein oder über die eigenen Füße? Die Wolken reißen für einen kurzen Moment auf und wir haben einen schönen Ausblick auf die Adolf-Noßbergerhütte mit dem Gradensee.

Schnell schließt sich die Wolkendecke wieder und es fängt an zu graupeln. Die Steine werden sofort glitschig und wieder einmal müssen wir auf jeden Schritt achten. Der Graupel geht in Regen über, wir überlegen noch, ob wir jetzt auch noch die Regensachen anziehen sollen. Aber Faulheit siegt und platschnass erreichen wir gegen 14:00 Uhr die Hütte.

Sie ist eine alte, urige Alpenhütte, das werden wir noch merken. Durchgefroren und nass wie wir sind, brauchen wir sofort heißen Tee und einen Marillenschnaps, viele Grüße an Ludwig dabei.

Danach belagern wir den Trockenraum, gut dass wir hier alleine sind. Wir werden dem Frauenlager zugeteilt und hier ist auch noch Platz für die Männer. Das Lager hat ein Hochbett, wobei das obere Bett nur schwer zu erreichen ist. Also darf Franz auch noch in unsere Mitte. Es ist ein bisschen eng im Raum und nachdem jeder ausgepackt hat, sieht es entsprechend aus.

Den Nachmittag verbringen wir mit Wäsche- und Rucksack trocknen, Kaffee und Topfenstrudel, Lesen und Spielen, Höhepunkt der Gemütlichkeit ist die Hängematte in der Ecke.

Mittlerweile ist der Regen in Schnee übergegangen und draußen liegen mindestens 10 cm Neuschnee. Manfred ist wieder einmal mit dem Ändern der Tour gefordert. Im Moment sieht es fast so aus, als wenn wir bis morgen früh eingeschneit sind. Heute macht uns das nicht viel aus. Wir sitzen ganz gemütlich. Allerdings ist es in der Hütte ziemlich zugig, der einzige Ofen bollert zwar, aber die Wärme erreicht leider nicht einen einzigen Winkel, schnell wird noch eine Hose drunter gezogen.

Der Platz vor dem Ofen ist gefragt, auch sämtliche Decken sind im Einsatz, selbst die Dicken Pullover helfen nicht viel, es ist kalt. Es ist zwar eine schöne alte urige Hütte, aber die Heizung fehlt uns heute ganz besonders.

Zum Abendessen gibt es Käsespätzle oder Spaghetti, die Auswahl ist nicht so groß, aber es schmeckt gut. Draußen wird es immer schlimmer. Es schneit und schneit, der Wind heult um die Hütte. Trotzdem haben wir einen schönen Abend, wir knobeln, spielen Mensch-ärgere-dich-nicht, spielen Karten – ohne Karten – und um 21:00 Uhr begeben wir uns nach oben. Es ist spannend, es gibt kein Licht und so geistern Taschenlampen durch die Gegend.

Im Lager ist es noch kälter geworden, eisig kalt ist es und es zieht durch die Bretterwand. Gespenstisch heult der Wind und zerrt an der Hütte, es knarrt und knistert in allen Ecken. Das veranlasst uns, eine Gute-Nacht-Geschichte zu erzählen, natürlich eine Gespenstergeschichte. Einer fängt mit der Geschichte an und jeder macht mit einem passenden oder unpassenden Satz weiter und so hören wir die Geschichte von Hoho, Hihi, Haha und der Schwiegermutter.

Die jetzt aufzuschreiben wäre etwas lang, ich denke, wir wissen sie alle noch. Ansonsten heult der Wind die ganze Nacht und zerrt an der Hütte.

 

 

05.09. Hüttentag

 

Der erste Ausblick aus dem Hüttenfenster – alles ist weiß, es schneit und der Wind braust immer noch kräftig. Also noch mal zurück in den Schlafsack, noch eine Runde kuscheln, ich glaube, heute verpassen wir überhaupt nichts. Franz allerdings hält an seinem Plan fest und will beschäftigt werden.

Um 9:00 Uhr ist Frühstück. Manfred beschließt, heute hier auf der Hütte zu bleiben und das Wetter abzuwarten. Alles andere wäre nicht abzuschätzen und auch gefährlich, also Hüttentag.

Unser Frühstück bereichern wir mit Käse, Salami und Schinken. Dann gilt das Alternativprogramm. Statt Klammerscharte und Elberfelder Hütte gibt es Mikado spielen, schlafen, reden, Tee trinken. Die Stimmung ist trotz des Wetters immer noch gut, obwohl sogar schon die Talalternative diskutiert wird. Elisabeth und Franz wagen als erste den Gang nach draußen, dick eingemummelt. Die Regenhosen noch über die Wanderhosen, mit Stöcken bewaffnet bleiben sie eine Weilchen und kommen mit roten Backen wieder. Und schon ist Mittagszeit, Erbsensuppe, Kaiserschmarrn, aber alles hilft nicht gegen die Kälte in der Hütte. Michael und ich kreieren ein neues Getränk, so muss der Jägertee entstanden sein. Unsere Variante ist Pfefferminztee mit Zwetschgenschnaps, heiß, köstlich und hilft ein bisschen. Der zweite Trupp wagt den Weg nach draußen und schon ist der Kreislauf wieder in Ordnung. Wir brauchen halt doch unsere Bewegung, egal, bei welchem Wetter.

Es hat sogar jetzt aufgehört zu schneien, der Wind bläst nur noch ab und zu, aber heftig, und tatsächlich kommt auch die Sonne mal durch. Vielleicht können wir morgen doch weitergehen. So geht, nach nochmaligem Nach-draußen-Gehen auch dieser Hüttennachmittag zu Ende.

Und schon können wir uns dem Abendessen widmen. Die Auswahl fällt nicht sehr schwer. Für die, die gestern Käsespätzle hatten, gibt es heute Pasta und umgekehrt. In der Zwischenzeit hat sich die Hütte etwas gefüllt. Eine Gruppe Männer ist von der Elberfelderhütte über die Klammerscharte. Sie erzählen ein bisschen und wir stellen fest, dass Manfreds Entscheidung hier zu bleiben, absolut richtig war.

18:00 Uhr – die Betten sind immer noch nicht gemacht, die Decken sind nicht gefaltet, wie war das mit dem Aufräumen, lieber Franz?

In Anbetracht der Kälte entwickelt Etwina ein ganz besonderes Patent. Die Trinkflaschen werden mit Wasser gefüllt und am Ofen erwärmt, danach kommen sie als Bauch- oder Brustflaschen an die Frau bzw. an den Mann. Selbst die Männergruppe übernimmt das Beispiel.

Zum Abendessen gibt es Käsespätzle für alle aus einer Riesenpfanne für alle und nach lustigen Würfelspielen ist ab 21:30 Uhr Hüttenruhe.

Das Wetter ist mittlerweile wieder schlecht, ich glaube, es ist noch schlimmer als gestern. Es stürmt noch heftiger, die Hütte wackelt, es schneit heftig. Im Lager ist es wieder eiskalt und der Sturm dringt durch die Ritzen. Alle Decken sind verteilt, trotzdem hilft es wenig. Wir haben das Gefühl, die Hütte hebt gleich ab, entsprechend unruhig ist es, aber irgendwann ergeben wir uns dieser stürmischen Nacht.

 

 

06.09. Klammerscharte 2930m – Elberfelder Hütte 2346m

 

Heute morgen möchte niemand aufstehen, es ist kalt und der Wind braust immer noch stark um die Hütte. Da wir vor 10:00 Uhr nicht weg wollen, können wir uns Zeit lassen und den warmen Schlafsack und die Decken noch ein wenig genießen.

Um 8:30 Uhr ist Frühstück, wieder bereichert aus dem Rucksack. Der Proviant muss schließlich gegessen werden und die Mittagspausen sind in diesem Jahr ziemlich rar.

Rucksack packen, das gestaltet sich hier ein bisschen schwierig, da nach zwei Tagen in der Hütte alles ausgepackt und doch auch ziemlich verstreut ist. Allerdings brauchen wir nicht so viel einpacken, denn erst mal heißt es alles anziehen, von langer Unterwäsche bis zur Mütze, Schal und Handschuhen. Ziemlich getarnt verlassen wir die Hütte.

Der Wind pfeift und Schneeregen peitscht uns ins Gesicht. Unterwegs finden wir die gestern gebauten Schneemänner und an und zu reißt sogar der Himmel auf. Ziemlich unwirklich der Blick zurück zur Hütte, Schnee, Steine, Nebel, und trotzdem schön.

Der Aufstieg zur Klammerscharte ist durch den Neuschnee ziemlich heftig, es ist steil. Die Steine sind entsprechend gefährlich, rutschen weg und der Weg ist schwer zu erkennen. Irgendwann ziehen wir die Steigeisen an. Es ist ätzend, die Finger sind kalt, der Wind peitscht – und wie immer gibt es einen Ausfall beim Anziehen der Steigeisen – eine kann sie wieder nicht binden. Diese eine bin ich – obwohl zu Hause geübt, ehrlich...

Irgendwann haben wir die Eisen alle fest und damit geht der Aufstieg jetzt doch wesentlich besser. Es liegt viel Schnee und Manfred und Michael haben als Treter viel zu tun. Wir sinken teilweise bis zur Hüfte ein, die letzten Meter zur Scharte sind zwar gesichert, aber bei dem hohen Schnee ist erst mal das Seil nicht zu finden und alles erfordert viel Kraft.

Außerdem peitscht der Wind und immer nimmt uns der Schneeregen die Sicht. Endlich sind wir oben auf der Scharte, es ist eisig kalt, Windböen von allen Seiten und jetzt müssen wir auch noch die Gurte anziehen. Außerdem sind die Steigeisen locker und überhaupt fehlt zumindest mir gerade mal die Lust. Michael lässt sich erweichen und hilft mir. Dazu muss ich mich erst mal setzen, laut Michael in diese Kuhle, genau da, wo er gerade gesessen hat (er zeigt sogar noch darauf), aber ich setze mich einen halben Meter daneben (schneeblind), d.h. ich rutsche in den Schnee und es sieht bestimmt aus wie ein Maikäfer.

Nach einer Weile haben wir alle Schwierigkeiten mit Gurten, Seilen, Steigeisen gemeistert und der Abstieg über den Gletscher beginnt. Auch hier ist es durch den vielen Neuschnee nicht einfach zu gehen. Manfred rutscht in eine Spalte, aber dank der guten Seilsicherung seiner Hinterfrauen passiert nichts. Wir kämpfen uns weiter durch Kniehohen Schnee, tiefe Löcher, links sind Spalten zu sehen und ab und zu müssen wir stehen bleiben, damit sich wieder eine/einer aus einem Loch buddeln kann.

Trotzdem geht der Abstieg relativ zügig und unten ist es auch nicht mehr so kalt und windig. Wir verstauen unsere Ausrüstung und danach geht der Weg über Gletscherschliff und Steine weiter. Auch hier gibt es Schneelöcher, in die man Treten kann und auch tritt.

Alles ist verschneit und entsprechend schwierig zu gehen. Der Abstieg geht am Gletschersee des Gößnitzkeeses vorbei und über riesige Gletscherschliffplatten und aufgeweichte Grasböden erreichen wir die Hütte.

Hier müssen wir uns erst einmal im Trockenraum ausbreiten. Das Lager ist schnell bezogen und in der Hütte gibt es sogar warmes Wasser, Luxus!

Das verführt die Frauen sofort zu einem Schönheitsprogramm mit Haare waschen, Schaummaske u.ä., ob es wohl auch jemand merkt?

Zum Abendessen gibt es , dank Gruppenzwang Schweinshaxe mit Knödel, aber es muss wohl eher eine Gänsehaxe gewesen sein. Trotzdem werden wir satt.

Am Nebentisch sitzen zwei Männer, wobei uns der Eine doch durch sein Aussehen ein bisschen auffällt und zu einigen Bemerkungen veranlasst. Es ist ein kleiner, dicker mit auffallendem Bart und dem Namen Antonius und man hört ihn im ganzen Raum.

Elisabeth zieht sich heute ziemlich früh zurück, sie muss auch ihre Verletzung an der Hand pflegen, die sie sich an den glatten Steinen geholt hat. Etwina und ich holen schon mal unsere Sachen aus dem Trockenraum und packen unsere Rucksäcke, wie wenn wir schon etwas ahnen würden. Bald ist Hüttenruhe angesagt aber vorher gibt es noch einen wunderschönen Sternenhimmel zu betrachten.

Im Lager stellen wir fest, dass Antonius heute bei uns schläft. Nach einigen Gängen in die Waschräume liegen wir alle in den Schlafsäcken. Plötzlich ist wieder Bewegung und ein gedämpfter Schmerzenslaut kommt von Manfred.

Alles ist wach, was ist passiert? Manfred musste noch einmal aufstehen. Beim Bücken nach den Hausschuhen (warum hat er eigentlich die Taschenlampe nicht angemacht?) stand leider mein Rucksack im Weg. Das wäre weiter nicht schlimm gewesen, hätte ich nicht den Eispickel daran gehabt und den Ruckssack auch noch falsch herum stehen. Wenigstens war ein Stoppen auf dem Pickel. Also erst einmal Licht an und Begutachten des Verletzten. Der hat sich aber schon abgesetzt und Franz geht die Lage erkunden. Es stellt sich heraus, dass es nicht ganz so schlimm ist, wie es sich angehört hat und nach einigem Bedauern und guten Worten für Manfred kehrt wieder Ruhe ins Lager ein.

 

 

07.09. Gößnitzscharte 2737m – Lienzer Hütte 1977m – Leibnitztörl 2591m – Hochschoberhütte 2322m

 

Heute haben wir alle verschlafen, sogar Franz ist nicht pünktlich aufgewacht. Vielleicht war die nächtliche Aufregung doch zu viel für uns. Um 6:45 Uhr schält sich der erste aus dem Schlafsack, um 7:00 Uhr gibt es Frühstück. Also muss alles etwas schneller gehen als sonst, haben wir es nicht geahnt, Etwina?

Aber das Weggehen verzögert sich, weil Michael (wer sonst) mal wieder etwas sucht. Heute ist es zur Abwechslung der Foto, auch Manfred sucht noch seine Gamaschen.

Um 8:00 Uhr sind wir endlich soweit und der Aufstieg zur Gößnitzscharte beginnt. Steinig, steil, schneebedeckt, schwierig, weil auch der Weg nicht zu sehen ist. Manfred sucht die Markierung und kämpft sich von Stein(-loch) zu Stein. Aber uns geht es auch nicht besser, irgendwie tritt immer einer oder eine daneben. Ich glaube, ich will keine Steine mehr sehen, aber wenn ich sie sehen würde, wäre es einfacher. Also weiter, kleine Schneefelder sind zu überqueren, auch hier sinken wir knietief ein.

Bei guten Verhältnissen unschwierige, eindruckvolle Wanderung mit herrlichen Rundblicken – laut Führer. Leider haben wir schlechte Verhältnisse und es ist eine schwierige Wanderung bei wenig Sicht und eindrucksvollen, anspruchsvollen Steinen.

Mittlerweile stürmt es auch wieder und Schneeböen wirbeln um uns. Franz hat wieder einen passenden Spruch parat: Macht doch die Tür zu, es zieht, leider ist es wohl eine Gittertür.

Der Abstieg zur Lienzer Hütte zieht sich, ist aber doch schnell geschafft. Um 12:30 Uhr sind wir an der Hütte und es regnet – also Mittagspause. Dort scheiden sich jetzt die Geister. Die Stimmung ist etwas unten, da das Schneewandern doch sehr anstrengend war. Also erst einmal gibt es die Variante, wir bleiben hier und da wir nicht mehr viel machen können – Heimfahrt morgen.

Aber die Diskussion ist noch nicht abgeschlossen und nach mehrmaliger Lagebesprechung und Wetterbegutachtung sagt Manfred, wir gehen weiter.

Mittlerweile ist es 14:00 Uhr und wir beginnen mit dem Aufstieg auf dem Franz-Keil-Weg in Richtung Hochschoberhütte. Dorthin wollen wir unbedingt wegen des hochgelobten Kaiserschmarrns. Mäßig steil, in Kehren geht es bergauf, insgesamt 600 Höhenmeter. Die Sonne scheint und es ist blauer Himmel, kein Vergleich zu heute morgen, ein schöner Anblick ins Tal und Sicht auf Glödis und Hochschober. Da wollten wir eigentlich in dieser Woche hin bzw. gewesen sein.

Gut 200 Höhenmeter sind in Kehren zu über, dann geht es ins Gartl über, dort liegt der Gartlsee und die Prijakte bieten eine imposante Kulisse. Über große Steine (schon wieder) geht es gegen das östliche Leibnitztörl. Hier wartet eine Überraschung auf Etwina. Es gibt wieder ein Seil und einen Abstieg mit Klammern. Aber sie hat gut gelernt, und braucht sogar kein Taschentuch mehr. Danach geht es über felsiges Gelände und Schafweiden zur Hochschoberhütte. Das Wetter stimmt und es gibt Radler auf der Sonnenterrasse. Gut, dass wir weitergegangen sind, es hat sich gelohnt.

 

 

Lager zwei für uns, Luxus pur, Platz ohne Ende. Sofort werden die Betten bezogen und das Zimmer ist belagert. Die Wirtin ist eine Besonderheit, sie hat Zeit, nimmt alles etwas gelassen und wir stellen fest, sie wäre die richtige Wirtin für Ludwig. Der könnte hier machen was er wollte, die beiden würden sich verstehen. Sie verspricht uns ein gutes Abendessen mit Kaiserschmarrn als Nachspeise. Eine Gruppe Einheimischer ist mittlerweile eingetroffen und macht Hausmusik, ein wunderschöner Hüttenzauber mit Gesang, Gitarre, Jodeln, Mundharmonika. Um 22:00 Uhr ist Hüttenruhe, im Lager ist es lustig, die Betten knarren und es dauert heute schon ein bisschen länger bis Ruhe ist.

 

 

08.09. Mirnitzscharte 2852m Lienzer Hütte

 

Nach einer doch noch ruhigen Nacht gibt es um 8:30 Uhr Frühstück. Das Aufstehen fällt wieder schwer, denn der Blick aus dem Fenster zeigt, dass es regnet. Also können wir uns noch Zeit lassen. Es gibt super Frühstück mit Brot, Butter, Käse, Marmelade, Kaffee, Tee, heißem Kakao, alles was das Herz begehrt. Die Wirtin hat auch heute viel Zeit und so wird es 9:30 Uhr bis wir wegkommen. Sie macht noch ein Foto von uns und mit vielen guten Worten werden wir verabschiedet.

Michael sucht dieses Mal nichts und so beginnen wir den Aufstieg zur Mirnitzscharte. Das Wetter hat sich beruhigt, es ist tatsächlich mal wieder blauer Himmel, die Sonne scheint und wir haben gute Sicht. Der Steig geht steinig bergauf, große Steinblöcke, z.T. noch feucht, Schutt, rutschig. Unterwegs treffen wir auf zwei Helmträger. Das verwundert uns doch jetzt etwas, aber nach Betrachten des Schuhwerks ist es uns klar, die tragen Helme, weil sie keine gescheiten Schuhe haben.

Wieder kommt Wind auf und das Wetter ändert sich wieder wie gewohnt, Wind, Schnee und Nebel. Trotzdem gibt es einen Gipfelschnaps, ein Foto und schon beginnt der Abstieg. Auch hier, ich glaube ich schreibe es schon jeden Tag, steinig, schneebedeckt, nass, Schutt. Irgendwann reicht es Michael, wir sind ihm beim Abstieg zu langsam und er zieht an uns vorbei, rennt nach vorne zu Manfred. Das veranlasst uns zu der Bemerkung, naja, er will halt auch mal der erste sein.

Unten geht es über eine schöne Almwiese, leider regnet es gerade mal wieder, so dass wir hier von einer schönen sonnigen Rast nur träumen können. So aber beeilen wir uns, um schnell zur Lienzer Hütte zu kommen, obwohl Elisabeth die Mittagspause gewaltig vermissen.

Um 14:00 Uhr erreichen wir die Hütte, nass und erleichtert, dass wir alle gut wieder angekommen sind, trotz aller glitschigen Steine, Schneelöchern, schlechtem Wetter, falsch herum stehender Rucksäcke usw. Ein letzter Schluck aus den Flachmännern auf eine gelungene Woche.

Die Wirtin freut sich, uns wieder zu sehen und wir können unser Lager beziehen. Heute bekommen wir ein schönes Hochbett mit Vorhang. Wir haben Zeit um zu ruhen bzw. mit den Holzbalken Bekanntschaft zu machen, um Pilze zu suchen, um nach dem Wetter zu schauen oder in den Irrgarten zu gehen, oder auf der Alm Milch zu trinken, jeder auf seine Art.

Langsam füllen sich die Lager. Hören wir da nicht Antonius? Tatsächlich ist er es, seine Stimme ist nicht zu verkennen. Um 18:00 Uhr ist Abendessen und wir haben einen lustigen Abend mit Antonius und seinem Freund. Erlebnisse und Geschichten machen die Runde, das Wetter in dieser Woche ist das Thema. Antonius erzählt uns eine abenteuerliche Geschichte über seinen Abstieg vom Petzeck und das Wort „fremdbestimmt“ gibt Anlass zu lustigen Diskussionen.

So vergeht unser Abschlussabend ganz schnell und um 22:00 Uhr ist Hüttenruhe, langes Schlafen ist heute nicht, um 5:30 Uhr ist Wecken.

 

 

09.09. Abreise

 

Wir werden tatsächlich um 5:30 Uhr geweckt, aber ich glaube, wir haben schon alle darauf gewartet. Das Aufstehen fällt schwer und das Packen geht ziemlich schnell. Wir müssen leise sein, denn alle anderen schlafen noch.

Es regnet und stürmt mal wieder, als wir zum Frühstück gehen. Zu unserer Überraschung taucht Antonius auf, er will uns verabschieden, oder waren wir doch zu laut?

Das Frühstück verläuft ziemlich ruhig heute, jeder ist wohl noch ein bisschen müde und außerdem ist Abschiedsstimmung.

Um 6:45 Uhr brechen wir auf. Manfred begleitet uns noch ein Stück, bevor er rechts abbiegt. Er geht über den Lienzer Höhenweg zum Zettersfeld und trifft dort seine Familie. Wir bedanken uns bei ihm für eine schöne Woche und verabschieden uns. Mittlerweile hat sich das Wetter wieder gebessert und die Sonne liegt auf den Bergen. So haben wir einen wunderschönen Abschiedsblick zum Glödis. Wie immer ein bisschen wehmütig.

Aber wir haben keine Zeit für Traurigkeit, Michael drängt zum Wegfahren. Er muss sich allerdings noch ein bisschen gedulden, bis jeder sein Abschiedsfoto gemacht hat. Endlich kann er losfahren, jedes Schlagloch nimmt er heute nicht mit, aber viele.

In Kufstein machen wir eine kurze Pause, Geschenk und Proviant wird gekauft. Danach geht es nonstop nach Hause, d.h. bis Aschaffenburg haben wir alle Staus umfahren, aber dort brauchen wir zwei Stadtrundfahrten, um vor lauter Umleitungen den Weg zu finden.

Um 16:00 Uhr sind wir zu Hause.

 

Jetzt warten wir auf die Fotos...

Berg Heil

Uschi