1983 – Zillertaler Alpen 13. – 21.08.1083

 

 

13.08. Anreise

 

Auszug aus dem Tagebuch eines Teilnehmers:

5:00 Uhr aufgestanden, 6:00 Uhr losgefahren, lange auf Manfred gewartet bzw. ihn gesucht, 6:55 Uhr in Wohnung gefunden – hatte verschlafen. Um 7:00 Uhr weitergefahren und Yvonne abgeholt. Um 11:00 in München. Stau, deshalb über Tegernsee – Achensee nach Ginzling gefahren, um 15:00 Uhr eingetroffen, Zimmer gemeinsam mit Karl-Hermann. Ludwig begrüßt. Wilhelm hat Geburtstag. Berti kommt mit halben Auto an. Ludwig gibt allgemeine Einführung.

Die Anreise der Teilnehmer erfolgte getrennt, so dass zwischen 13:00 Uhr und 16:00 Uhr fast alle Teilnehmer eingetroffen waren. Nur die Rhön kam noch mit großer Verspätung an. Leider war der Grund kein Erfreulicher, denn Berti hatte am Achensee einen Unfall gehabt. Gott sei Dank ohne eigenes Verschulden und ohne Personenschaden, nur war das Auto auf der Beifahrerseite vollkommen im Eimer, aber nach dem ersten Schluck kam auch die gute Laune wieder zurück, so dass wir nach der Quartierverteilung unsere Lehrgangstätigkeit aufnehmen konnten, wozu uns das Fernsehzimmer im Gasthaus Steinbock zur Verfügung stand.

 

 

14.08. Ginzling 1000m - Wildschrofen 2142m– Gamshütte 1921m – Ginzling

 

Um 8:00 Uhr starteten wir zu unserer ersten Einlauftour. Nach einem sehr steilen und langen Anstieg von 1100 Höhenmetern kommen wir über die Innerböden und Außerböden, die graue Platte zum Wildschrofen, wo wir eine längere Gipfelrast einlegten. Dann ging es weiter auf dem Berliner Höhenweg durch das Schranbachkar bis wir die Gamshütte erreichen. Nach einer Stärkung geht es dann in vielen Kehren steil abwärts vorbei an der Grasbergalm und einigen Einzelgeschäften in den Zemmgrund, vorbei an der Jausenstation Gamsgruben, durch das Zemmbachtal nach Ginzling zurück

Heinz schreibt in seinem Tagebuch:

Viel geduscht, erst warm, dann kalt, ich war bei kalt duschen dran. Viele Einreibsel benutzt, da Rucksack etwas schwer und ordentlich drückte.

Abends haben wir uns mit Knotenkunde befasst. Johann meinte zu Heinz, er sei der beste Kandidat für Gletscherspalten.

 

 

15.08. Filzenrast 1965m - Edelhütte 2238m – Seilübungen am Fels

 

Wir fahren nach Mayrhofen und von dort mit der Ahornbahn zur Bergstation Filzenrast, wo wir unsere Wanderung beginnen. An der Edelhütte legen wir eine kurze Rast ein, bevor wir in die praktischen Übungen am Seil einsteigen. Johann hat an verschiedenen Stellen Seile angebracht, so dass ein Teil Aufprusiken kann, ein anderer Teil kann abseilen und ein weiterer Teil gibt nur gute Ratschläge. Auch sammeln sich einige Bergtouristen an, die uns bei unserem Tun zusehen. Am frühen Nachmittag geht es nach einer Erfrischung in der Edelhütte wieder zurück. Mit der Ahornbahn kommen wir wieder zurück ins Tal und mit den Autos zurück nach Ginzling. Am Abend wird wieder viel Theorie vermittelt, die Knoten nochmals geübt und die Steigeisen auf die Schuhe eingestellt. Mit Kartenspiel wird dann der Abend beendet.

 

 

16.08. Hüttentour Greizer Hütte 2227m

 

Heute beginnt unsere Hüttentour. Berti, Manfred und Hermann werden am Nachmittag erst zur Greizer Hütte nachkommen, denn zuerst wollen sie das kaputte Auto in eine Werkstatt bringen, damit es bis zur Heimfahrt wieder repariert ist. Alle anderen ziehen um 8:00 Uhr mit vollem Gepäck los. Gleich an der Einmündung des Floitenbachs in den Zemmbach kommt ein Geländewagen, der unser Gepäck bis zur Steinbockhütte mitnehmen will. So ohne Gepäck lässt es sich doch besser wandern, so dass wir eher als geplant an der Steinbockhütte ankommen und dadurch Zeit für einen Frühschoppen haben. Nach einem kräftigen Schluck geht es dann im Talgrund fast eben weiter zur Baumgartalm, dann etwas ansteigend bis zum Talschluss unter den Steilhängen des großen Mörchners. Hier verlassen uns dann unsere beiden Flachlandtiroler Margret und Karin und wandern zurück ins Hotel Steinbock. Wir steigen über Moränenhänge in vielen Kehren ziemlich steil empor zur Greizer Hütte auf dem Grießfeld unterhalb des Floitenkees. Unser Quartier war die Winterhütte direkt neben den beiden Haflingern, die doch eine gewisse Duftnote in unser Lager brachten.

Zum Abendessen noch pünktlich kamen auch unsere drei Nachzügler noch an, so dass wir alle nun komplett waren.

 

 

17.08. Floitengrund 1834m – Mörchenscharte 2870m – (Zsigmondyspitze 3087m) – Berliner Hütte 2042m

 

Um 5:30 Uhr war allgemeines Wecken und um 6:00 Uhr gab es Frühstück, so dass wir unsere Tour um 6:45 Uhr starten konnten. Da der Floitenkees sehr stark verspaltet ist, und das Wetter doch etwas trüb war, empfahl uns der Hüttenwirt, nicht über das Floitenkees, sondern über die Mörchenscharte zur Berliner Hütte zu wandern. Daher mussten wir wieder in den Floitengrund absteigen, um wieder 1000 Höhenmeter zur Mörchenscharte hoch zu steigen, was doch recht mühsam war. Der Abstieg auf der anderen Seite war dann nur noch ein harmloser Spaziergang. Kurz vor dem Schwarzsee legten wir unsere Mittagsrast ein. Wilhelm packte seinen 2 kg Schinken aus, der ratzeputz gegessen wurde. Während unserer Mittagspause wurde das Wetter zusehends besser und wir hatten einen herrlichen Blick zur Zsigmondy-Spitze und zurück zur Mörchengruppe. Johann, Ludwig, Manfred, Hubert und Hermann verließen uns, um die Zsigmondy-Spitze zu erklettern. Der Rest lässt sich häuslich nieder und vertreibt sich die Zeit auf verschiedene Arten. Als Ludwig allein zurückkommt, warten Yvonne, Wilhelm und Jürgen auf die Rückkehr der anderen und der Rest wandert weiter zur Berliner Hütte, wo die Bergsteiger mit ihrem Tross drei Stunden später dann auch heil eintreffen, ohne den Gipfel der Zsigmondy-Spitze erklommen zu haben (Vor der letzten Seillänge unter dem Gipfelüberhang hat es angefangen zu nieseln und die Gewitterneigung war recht hoch.  Außerdem ist die Ostflanke sehr steil und erdig ist und sehr wenig Sicherungsmöglichkeiten vorhanden sind, wollten wir noch bei relativ trockener Erde da durchkommen, bevor wir im Schlamm den Abgang machen Anm. d. Red.).

In der Berliner Hütte mussten wir in verschiedenen Räumen getrennt übernachten.

 

 

18.08. Berliner Spitze 3254m

 

Wegen sehr schlechtem Wetter am frühen Morgen könne wir unsere Tour zum Furtschaglhaus nicht fortsetzen. So beschließen wir, in der Berliner Hütte zu bleiben und bei besserem Wetter am Nachmittag die Berliner Spitze zu ersteigen. Tatsächlich können wir um 11:00 Uhr diese Unternehmen starten. Am Gletscher angekommen, werden die Brust- und Sitzgeschirre angelegt und folgende fünf Seilschaften gebildet.

  1. Seilschaft: Johann, Yvonne, Gabi und Heinz, den wir unterwegs aufgelesen hatten und mitnahmen, sowie Hubert. 2. Seilschaft: Hermann, Berti, Jürgen und Karl-Hermann. 3. Seilschaft: Manfred Keil, Heinz und Horst. 4. Seilschaft: Wilhelm, Wolfgang und Charly. 5. Seilschaft: Ludwig, Elke, Reiner und Manfred Erb.

Nachdem alle mit Karabiner und Achter im Seil eingebunden waren und die Prusikschlingen im Seil befestigt waren, ging es los auf den Hornkees bis zum Mitterbachjoch und dann in einer hübschen Kletterei (II) zum Gipfel empor.

Nach dem Gipfeltrunk und Bildermachen, sowie einer Verschnaufpause ging es dann wieder zurück auf die Berliner Hütte, wo wir erst gegen 20:00 Uhr ankamen.

 

 

19.08. Schönbichler Horn 3135m – Furtschaglhaus 2293m - Schlegeisspeicher 1950m

 

Auszug aus dem Tagebuch von Heinz:

5:30 Uhr aufstehen, 6:15 Uhr Frühstück, 7:00 Uhr Abmarsch von der Berliner Hütte. Steiler Anstieg, unterwegs tanken am Bergwasser. Um 10:00 Uhr Lagebesprechung, ob über Waxeggkees und Großer Möseler oder aufs Schönbichler Horn. Entscheidung für Letzteres, steiler Anstieg, angekommen um 12:30 Uhr. Höhe 3135m. Herrlicher Rundblick, starke Sonnenstrahlen, Ludwig serviert wieder Gipfeltrunk, ich habe nur Apfel gegessen. Ravensburger Heinz getroffen. Bergdohlennest in der Nähe. Ins Gipfelbuch eingetragen. Um 13:15 Uhr Abstieg begonnen. Gebirgsschafe gesehen. Am Furtschaglhaus um 15:15 Uhr eingetroffen, kein Kuchen, aber Flaschenbier. Nur Notlager möglich, d.h. nach 22:00 Uhr im Aufenthaltsraum schlafen und morgens um 5:30 Uhr aufstehen. Deshalb um 16:20 Uhr auf dem Berliner Höhenweg (auch Zentralalpenweg genannt) abwärts gewandert, vorbei an der Jausenstation Zamsgatter, Richtung Staumauer. Unterwegs Bus gechartert und damit nach Ginzling gefahren, nach halbstündiger Fahrzeit um ca. 19:00 Uhr dort eingetroffen. Norbert hat Geburtstag. Zimmer bezogen, anständig gewaschen, zu Abend gegessen und gemütlich beisammen gesessen. Hermann spielt Schifferklavier, Wilhelm Mundharmonika (wie mittags am Schönbichler Horn), Tag beendet.

 

 

20.08. Auslaufen - Gasthaus Karlsteg

 

Heute schlafen wir sehr lange, da die doppelte Tour am Vortag doch etwas strapaziert hatte. Der Rest des Vormittags stand dann für Besorgungen und Ausruhen zur freien Verfügung. Um 13:30 Uhr wollten wir zu einer Talwanderung starten, die wir jedoch noch um einige Minuten verschieben mussten, da Wilhelm noch mit Käsespätzle beschäftigt war. Im Gasthaus Karlsteg war große Manöverkritik wozu es Kaffee und Kuchen gab. Der größte Teil wanderte wieder zurück nach Ginzling, während vier Fußkranke mit dem Bus zurückfuhren.

Das Abschiedsessen, das wieder aus mehreren Gängen bestand, eröffnete den Abschiedsabend. Wilhelm hält Dankesrede an Ludwig und übergibt Gutschein. Heinz hält halbfertige Ansprache. Anschließend gemütlicher Abend und Tanz und Odenwälder Kuss.

 

 

21.08. Abreise

 

Als gegen 9:00 Uhr alle Teilnehmer abgefahren waren, und Bertis Auto in Jenbach in tadellosem Zustand wieder in Empfang genommen war, zerstreuten wir uns in alle Winde mit dem Versprechen, nächstes Jahr wieder dabei zu sein.

 

 

Der halbfertige Vortrag von Heinz, der von den Teilnehmern ergänzt wurde:

 

Wie wir heute Mittag anlässlich der schönen Manöverkritik selbst feststellten, sind wir ein blauer Haufen. Für die verrückte Organisation des großartigen  Wanderführerlehrgangs im durstigen Zillertal zeichnete sich Ludwig verantwortlich. Er ist Jugendwart der Sektion (so heißt dies in den Alpen) Hessen der Deutschen Wanderjugend. Mit ihm aus Umstadt war zum Wandern mitgekommen Margret, sein katastrophales Ehegesponst. Ihr Fahrer ist der Karl-Hermann, der seine stete Kondition unter Beweis stellte und immer am Ende lief, um auch weiterhin süffige fotografische Aufnahmen von schlaffer Ausdruckskraft anzufertigen. Die runde Gruppe der sechs prima Junggesellen aus der Rhön, zwischenzeitlich integriert, fiel besonders auf durch hungrige Kondition beim Wandern und Trinken. Hänchen, auch Berti genannt, kam leider nur mit halbem Seitenteil an, dennoch ließ er seine blinde Laune nicht sinken, belohnt hierfür wurde er durch den Aufstieg auf das Schönbichler Horn anlässlich seines 36. Geburtstages. Ein meistens käuzlicher Vertreter war der in Himalaya-Kleidung wandernde Charly. Hubert fiel besonders durch tolle Kondition, nackten Oberkörper und netten Adlerblick (sah alles) auf. Vom Vogelsberger Höhenclub reisten verspätet an der müde Reiner und die die Matratzenlager in halbe Krankenlager umfunktionierende lasche  Elke. Neben den beiden und dem Ludwig war in der 5. Seilschaft bei der Ersteigung der Berliner Spitze der geschwitzte Manfred mit seinem bergnarrischen Barett. Einen solchen Hut besitz auch der madige Hermann aus der wilden  Rhön. Er und Hubert sind trostlose Brüder. Die wolkige Karin konnte hier Ruhe genießen, einmal von der lärmträchtigen Umgehungsstraße des sonnigen  Umstadts und leider von ihrem nassen Mann, Wilhelm genannt. Er war auf der Hüttentour beschäftigt mit dem Transport eines vorlauten Schinkens, der nahe des Schwarzsees zum Opfer fiel. Über den redegewandten Wilhelm könnte ein eigener Bericht aus meinem peinlichen  Hüttenbuch herausgezogen werden. Gleich zu Anfang feierte er seinen 42. Geburtstag. Wilhelm musste in der 4. Seilschaft besonders Augenmerk darauf richten, das der Wolfgang – in alpinen bzw. bergvagabundigen  Kreisen spaßhalber Yeti genannt. – nicht abhanden kam. Wolfgang fiel durch verschiedene Dinge bzw. Geschehnisse auf. Insbesondere aber durch seinen öden Appetit auf alles, was andere aßen. Der begierige Jürgen aus Kelkheim versuchte die Reaktionen der Seilschaftsmitglieder Karl-Hermann und Berti zu testen, indem er auf dem letzten Schneefeld unterhalb der Berliner Spitze einen Abgang versuchte, vergebens. Denn eigentlich war gar nicht er für eine Gletscherspalte bestimmt worden, sondern der in Reepschnüren, Prusikknoten und Karabiner am Hauptseil hängende Heinz (= ich, falls dies unklar sein sollte). Er versuchte, durch dumme Zurückhaltung und gottloses Wesen der Gruppe die nötige Ruhe und Kraft für die verschiedenen Touren zu verschaffen. Mit ihm nach Ginzling gekommen war nach einer verschlafenen Nacht der schnelle und wanderkundige Manfred. Anfangs wandergestählt, später (durch welche Umstände auch immer) etwas derangiert. (Anm. d. Red.: zu meiner Ehrenrettung muss ich dazu sagen, dass ich am Südgrat der Berliner Spitze Heinz eine etwa 2,5 m hohe kaminartige senkrechte Stelle hochziehen musste, da er allein nicht mehr in der Lage war. Dabei habe ich mir das Knie etwas überlastet und bin seitdem mit Meniskusschmerzen im ohnehin lädierten Knie gegangen. Am Furtschaglhaus habe ich ihm mein Seil überlassen, da ich nur noch humpelnd den Berg hinabkam.)

Er und dem muffeligen Horst ist es zu verdanken, dass ich diese Rede halten darf, denn entgegen allen schlampigen Anweisungen und Wünschen wurde ich nicht zur Abkühlung in eine Gletscherspalte gehängt. Horst hatte besonders zu leiden unter der fatalen Wirkung von Trockenobst des im Seil vor ihm Gehenden, was ihn zu einigen gefühlvollen Aussprüchen veranlasste. An dieser Stelle hervorzuheben ist auch der agile Johann, ein großer Alpinist. Er hat uns alle versucht einzuführen in Eis, Schnee und Stein, indem er mit uns geizige Knoten einübte und uns auch in die verschiedenen trostlosen Geheimnisse der neckigen Zillertaler Bergwelt einweihte. In diesem Zusammenhang fällt uns auch die staubige Yvonne ein, die im krankenpflegerischen Bereich tätig ist, weshalb sie auch im Rucksack viel bärenstarke Utensilien dabei hatte. Ich hätte fast vergessen, die Gabi aus dem lustigen Eppertshausen zu erwähnen. Bereits bei der ersten Wanderung zur Grauen Platte und zur Gamshütte fiel sie durch Essen von wasserdichten Heidebeeren während des Gehens (wer schafft das schon) und durch gefährliche Kratzspuren von Hunden auf.

Hoffentlich habe ich in der Eile, in der ich diese schaurigen Zeilen zu Papier brachte, keinen oder keine vergessen. Nicht vergessen werden wir wohl alle diesen dankbaren Lehrgang im Gasthaus Steinbock, wobei sich einige der imprägnierten  Bedienung erinnern werden. Zum Schluss noch einmal den gräulichen Dank an die konfuse Lagerführung, dem sich bestimmt alle in der harmonischen Gruppe einbeziehen.

 

Euer gefähricher Heinz