1981 – Silvretta 15. – 23.08.1981

 

 

15.08. Anfahrt

 

Pünktlich um 16:00 Uhr waren alle Teilnehmer des Bergwanderführerlehrgangs im Gasthof Rössle in Galtür im Paznauntal angekommen., ja wir hatten alle um 16:00 Uhr schon unsere Quartiere bezogen.

Wir wurden von Ludwig herzlich begrüßt und in die Materie eingewiesen. Gleich danach gings los mit viel Theorie über Sinn und Zweck sowie der Ausrüstung. Doch auch der gemütliche Teil kam nicht zu kurz und so war es für manche schon sehr früh, als sie in sämtliche Betten kamen.

 

 

16.08. Zeinisjochhütte 1968m - Fädnerspitze 2788m

 

Unsere erste Einlauftour starteten wir mit den PKW’s und zwar fuhren wir zum Zeinisjoch, wo die Wanderung anfing. Wir wollten zur Fädnerspitze hoch, doch verpassten wir schon am Einstieg den richtigen Steig, so dass wir gleich zu Beginn das Gehen am steilen Hang in weglosem Gelände üben konnten.

 

 

 Am Gipfelkreuz, das wir nach zweieinhalb Stunden stetigen Steigens erreichten, legten wir eine sehr lange Pause ein. Wir konnten dabei einer Bergwachtgruppe zusehen, die Rettungsübungen mit Bergschlitten am steilen Fels durchführte.  Beim Abstieg sammelten wir Steine, um am Einstieg ein Steinmännchen zu bauen, um den Bergfreunden, die in Zukunft diesen Gipfel erstürmen wollten, den Weg zu zeigen. Im Zeinisjochhaus wurde ein zünftiger Umtrunk eingeläutet, der nach der Rückfahrt im Gasthaus Rössle fortgesetzt wurde, doch vorher schockten wir die Mautkassierer noch etwas, da die ersten Autos einfach durchfuhren (die Fahrer wussten ja, dass das letzte Auto für alle bezahlte, aber die Kassierer wussten das nicht).

 

 

17.08. Bielerhöhe 2040m – Saarbrückerhütte 2538m

 

Die zweite Einlauftour war „nur“ eine Hüttentour zu Saarbrücker Hütte, die vollkommen im Nebel verlief, der teilweise so stark war, dass der letzte in der Reihe den ersten nicht mehr sehen konnte und auch umgekehrt. Dabei wurde oft nur nach Gehör gewandert. Doch dies war eine sehr gute Demonstration, wie wichtig es ist, Karte und Kompass zu beherrschen und einen guten Spürsinn zu haben, wobei wir viel Theorie, die wir am Vorabend gelernt hatten, in die Praxis umsetzen konnten. Wieder zurück in Galtür hatten wir nur kurze Zeit uns frisch zu machen, und dann mussten wir den Rucksack für die Hüttentour packen.

Ludwig und Johann räumten dann alles wieder aus, zeigten uns, was zu viel im Rucksack war, aber sagten uns auch, was noch fehlte. In einem Referat wurden wir dann über die alpinen Gefahren unterrichtet, was man alles zu ihrer Vermeidung tun kann.

 

 

18.08. Ritzenjoch 2690m – Heidelberger Hütte 2264m

 

Heute wollen wir unsere Hüttentour beginnen, daher werden wir von Ludwig schon früh geweckt, doch oh Schreck, das lange Sitzen mit Umtrunk am Abend vorher hat uns doch nicht so gut getan. Daher dauert es recht lange, bis unsere Rucksäcke auf dem Rücken und das übrige Gepäck in einem freien Zimmer im Gasthaus Rössle verstaut ist. Nach dem Frühstück können wir mit einiger Verspätung glücklich um 9:00 Uhr loswandern.

Hinter dem Gasthaus Rössle wandern wir Richtung Süden über den Jambach und dann auf dem Wiesenweg bis zu den letzten Häusern des Ortsteils Gampele. Hier steigen wir empor auf den Hügel und wandern durch den Wald Richtung Laraintal. Hinter dem Lawinentobel kommen wir auf eine Lichtung mit kleinem See, wo wir unsere erste Rast einlegen, damit jeder sein Gepäck nochmals richten kann. Schon werden zwei Teilnehmer übermütig. Sie springen auf ein kleines Floß, das am Ufer des Sees liegt und ab geht die Floßpartie in Richtung Seemitte. Doch dort stoppt auch schon die Seereise und es bedarf vieler Mühe, mit Stangen die beiden blinden Passagiere wieder an Land zu holen.

Dann verlassen wir endgültig den festen Boden und begaben uns langsam, aber stetig in höhere Gefilde, vorbei an der äußeren und inneren Larainalm. Angesichts des gewaltigen Talschlusses mit Fluchthorn und Schnapfenspitze erreichen wir um 11:00 Uhr die Zollwachthütte. Hier verlassen wir das Tal, gehen links über den Bach und steigen auf das 2690m hohe Ritzenjoch. Doch bevor wir das Ritzenjoch erreichen, müssen wir im Anstieg eine Größere Rast einlegen, da wir einige Dampfrösser dabei hatten, denen der Dampf (sprich Puste) ausgegangen war. Da ein großer Ansturm auf das Ritzenjoch war, vermuteten wir, dass diese Leute alle in der Heidelberger Hütte übernachten wollen, und so schickten wir eine Abordnung von vier Mann voraus zur Hütte, um Quartier zu belegen. Doch auch die anderen erreichten nach der Schnaufpause das Ritzenjoch und kamen auf vielen Kehren und steil abwärts an die Heidelberger Hütte im Fimbertal. Doch oh Schreck, Johann, der vorausgegangen war hatte einen Kletterfelsen ganz in der Nähe der Hütte entdeckt und gab die Parole aus: Bis 16:00 Uhr habt ihr Zeit, etwas zu trinken und dann gibt es Seilkunde mit praktischen Übungen. So hingen wir dann 2,5 Stunden an dem Felsen herum, bis uns der Hüttenwirt erlöste, in dem er zum Abendessen rief.

Nach dem Abendessen waren noch einige von uns der Meinung, ihr Rucksack sei zu leicht und kauften im Fressshop der Hütte zollfreie Ware ein, die sie vier Tage lang über die Silvretta schleppen wollten.

 

 

19.08. Kronenjoch 2980m – Jamtalhütte 2165m

 

Heute nacht muss es sehr kalt gewesen sein, denn die Folgen bekamen wir sehr bald nach unserem Abmarsch von der Heidelberger Hütte zu spüren. Nachdem wir um 6:30 Uhr die Hütte verlassen hatten, wanderten wir auf dem AV-Steig nach Süden Richtung Kronenjoch. Beim Überqueren des kleinen Wassers der Aue wollte Wilhelm, angesichts der aufgehendem Sonne, ein Bild von der Gruppe aufnehmen und lief über die Steine des Baches vor und ist ins Wasser gefallen. Er rief uns zu: Achtung, hier ist es glatt und so gewarnt wagten wir den Marsch über den Bach. Doch der erste Fuß auf einem Stein war gleichbedeutend mit Fall ins Wasser. Aber auch dieses Hindernis wurde nach einigen nassen Hosenböden und nassen Füßen überwunden.

Vor dem Erreichen des Kronenjochs mussten wir noch einen kleinen Gletscher überqueren. Hier hatten wir gute Gelegenheit, unsere Fertigkeit im Brust- und Sitzgeschirranlegen unter Beweis zu stellen. Da das Eis ziemlich fest war, ordnete Johann sogar Steigeisengehen an. So erreichten wir mit fünf Seilschaften das Kronenjoch, wo wir eine größere Rast einlegten wollten. Doch nach einer halben Stunde reizte die Bischofsspitze und so marschierten wir ohne Gepäck zu dem Gipfelkreuz. Doch oh weh, dort übermannte uns der Goldrausch, ganze Steinplatten mit kleinen Bergkristallen funkelten uns entgegen. So wurde manche Messerspitze abgebrochen und als Ludwig zum Aufbruch mahnte, wurde immer weiter nach den Bergkristallen gesucht, so dass die letzten mit Gewalt von ihrer gebückten Haltung befreit werden mussten.

Auf der Jamtalhütte hatten wir nach einer Regenerierung mit Schinken und Radlermass vor dem Abendessen noch Zeit, die Fehler beim Einseilen vom Vormittag zu korrigieren und nochmals einzuüben.

 

 

20.08. Obere Ochsenscharte 2977m – Wiesbadener Hütte 2443m

 

Gleich nach der Jamtalhütte erreichten wir den Jamtalgletscher, wo sofort die Seilschaften gebildet wurden. Nachdem alles nochmals kontrolliert war ging die Gletschertour los. Aber oh Schreck, nach ca. einer Stunde stellten wir fest, dass wir eine falsche Spur erwischt hatten und den Gletscher nun queren mussten, um unsere richtige Spur zu erreichen. Dabei kamen wir an einem Eisbruch vorbei und wir waren gezwungen, eine Eisplatte hochzugehen. Dazu legte Johann mit zwei Seilen und verschiedenen Eisschrauben ein Sicherheitsgeländer an, an dem wir uns mit Prusikschlingen hocharbeiten konnten. AM Ende der Eisplatte hatten wir wieder normales Gletschergelände vor uns und nach Überschreitungen von mehreren Spalten erreichten wir die Normalspur und waren auch bald an der oberen Ochsenscharte. Hier  sollte eine längere Rast eingelegt werden.

Der Abstieg von der Ochsenscharte hat ihren besonderen Reiz, denn es ging ohne Steigeisen und ohne Seil in Sommerskihaltung auf den Stiefeln den Vermuntgletscher abwärts, was für viele eine neue Art der Fortbewegung war, dadurch machten auch diese öfters Bekanntschaft mit dem Schnee. So kamen wir dann doch noch rechtzeitig in der Wiesbadener Hütte an.

 

 

21.08. Wettersturz

 

Heute war die Ersteigung des 3312m hohen Piz Buin geplant. Doch um 5:30 Uhr war vor der Hütte alles weiß. Es hatte in der Nacht geschneit und es stürmte, regnete und schneite noch immer. Daher kam das Kommando Weiterschlafen!

Als um 8:00 Uhr das Wetter immer noch nicht besser war, sammelten wir uns dann doch zum Frühstück im großen Aufenthaltsraum der Hütte. Nun hatten sich die Wolken auch noch so zugezogen, dass man vor der Hütte keine drei Meter Sicht hatte und das Thermometer –3 Grad anzeigte. So beschlossen wir gegen 9:00 Uhr unser Unternehmen für heute abzublasen, und den tag der Theorie zu widmen.

Was lag in diesem Fall näher, als Wetter- und Gletscherkunde. Auch Pflanzenkunde und Umweltschutz im Gebirge kam nicht zu kurz. In den Pausen wurde von allen dem Kartenspiel gefrönt, bevor wir dann nach dem Abendessen ausgeruht und frisch gestärkt einen Hüttenzauber aufs Parkett legten.

 

 

22.08.     Hohes Rad 2934m – Bielerhöhe

 

Für alle wie ein Wunder lachte heute die Sonne von einem strahlend blauen Himmel. Trotzdem mussten wir heute den Bergen Lebwohl sagen und uns ins Tal begeben. Da aber an unserem Weg das Hohe Rad liegt, beschlossen wir vor dem Abstieg, diesen schönen Kletterberg zu ersteigen, was sich doch als sehr lohnend erwies. Vom Gipfelkreuz präsentierte sich uns ein unbeschreiblich schöner Rundblick.

Nun ging es aber endgültig abwärts bis zum Silvretta-Stausee auf der Bielerhöhe. Hier besteigen wir den Bus und fuhren nach Galtür zurück, wo wir wieder im hotel Rössle Quartier bezogen.

Vor dem Abendessen fand noch die Abschlussbesprechung des Lehrgangs statt. Geistig, körperlich und seelisch gestärkt waren wir am Abend Gäste beim großen internationalen Sängerfest des Gesangvereins Galtür, was bis spät in die Nacht hinein andauerte.

 

 

23.08. Abreise

 

Mit mehr oder weniger schweren Köpfen trafen wir uns um 8:30 Uhr am Frühstückstisch und stellten fest, dass doch einige das Mahl nicht so mundete, wie sie es gern hätten.

Nach dem Frühstück begann das große Abschiednehmen mit vielen Versprechungen, sich bald zu einem Nachbereitungslehrgang mit Bildertreffen einzufinden.