Allgäuer Alpen 02. – 09. 10. 1976
Zum erstem Mal wurde ein
Bergwanderführerlehrgang im Odenwaldklub ausgeschrieben, der mich sofort
interessierte.
Am 2. Oktober haben wir uns
alle im Wanderheim des Mährisch-Schlesischen Gebirgs- und Wanderverein in Riezlern-Wald
getroffen und das weitere Vorgehen mit
den Tourenmöglichkeiten besprochen.
3.10. Gratwanderung
Söllereck – Schlappkopf – Fellhorn – Kanzelwand
Die Söllereckbahn, ein
Sessellift, brigt uns bei strahlendem Sonnenschein zum Berggasthof Söllereck.
Von hier beginnt unsere erste Höhenwanderung, die als Einlauftour und zur
Akklimatisation gedacht ist.
Die Wanderung führt ständig
leicht ansteigend über das Söllereck und den Schlappkopf zum Fellhorn. Bei
kurzen Rasten genießt man die schöne Aussicht auf die Allgäuer Alpen und den
Talblick nach Oberstdorf. Sogar zwei Drachenflieger sieht man, die in der Ferne
von der Kanzelwand sanft durch die Lüfte Richtung Oberstdorf schweben. Kurz vor
dem Fellhorn trifft man sogar auf ein großes Rudel Gemsen (über 100), das von
einem Teilnehmer zuerst als Kuhherde geortet wird.
Nach kurzem Aufenthalt mit
Gipfelbild auf dem windigen Fellhorn findet die Mittagsrast an der Bergstation
der Fellhornbahn aus dem Rucksack statt. Anschließend besteigen wir die
Kanzelwand, den höchsten Punkt unserer heutigen Wanderung und kommen zum ersten
Mal mit einem Stück Fels in Berührung.
Ein herrlicher Panoramablick
ins hintere Walsertal krönt diesen ersten Wandertag. Nun geht es durch das
Zwerbachtal über die Zwerenalm abwärts nach Riezlern. Dieser Abstieg wird im
Winter als Skiabfahrt genutzt.
Auch führt eine Kabinenbahn
von Riezlern zur Kanzelwand, doch war der Betrieb für dieses Jahr bereits
eingestellt.
4.10. Breitachklamm
Leider regnet es heute den
ganzen Vormittag, so dass an eine Wanderung in den Bergen nicht gedacht werden
kann. Am Nachmittag hört es jedoch auf zu regnen und wir können noch eine
Wanderung durch die beeindruckende Breitachklamm machen.
5.10. Höhenwanderung Edmund-Probst-Haus – Laufbachereck – Himmeleck – Käseralpe – Oytal – Oberstdorf
Nachdem es in den höheren
Lagen die ganze Nacht geschneit hat, findet diese Wanderung vorwiegend im
Neuschnee statt. Von Oberstdorf bringt uns die Nebelhornbahn zum
Edmund-Probst-Haus der Sektion Allgäu-Immenstadt. Warn verpackt ziehen wir bei
schönsten Sonnenschein durch den frischen Neuschnee. Immer in Richtung Süden
queren wir die Westhänge der Seeköpfe und die Südseite des Lachenkopfes.
Teilweise ist der Weg völlig mit Schnee zugeweht, so dass wir zum Teil erst
spuren müssen und einen sicheren Tritt suchen. Hierbei hat uns Dieters
Eispickel (!) große Dienste geleistet. Nun wandern wir in einigen Serpentinen
zum Laufbachsattel hinauf. Hier entschließen wir uns, an einem windgeschützten
Ort, die Mittagsrast einzulegen. Schnell gesellen sich einige Bergdohlen zu uns
und nehmen an unserer Rucksackverpflegung teil.
Wieder abwärts steigend
passieren wir das Laufbacher Eck. Auf Nass- und Pappschnee rutschen wir nach
unten, entlang der Zwerchenwand und der berüchtigten Schneck-Ostwand. Wieder
aufwärts stampfend erreichen wir den Himmelecksattel. Noch einmal genießen wir
den schönen Blick, bevor wir abwärts steigen. Auf schneefreien, teil sehr
nassen Wiesen, mit Blick zu der viergipfeligen Höfats kommen wir zur Käseralpe.
Von hier kommen wir auf leicht abfallendem Weg ins Oytal. Entlang der Trettach
gelangen wir dann wieder nach Oberstdorf, von wo wir zurück nach Riezlern
fahren.
6.10. Bergtour zum Großen
Widderstein
Mit unseren PKW’s fahren wir
nach Baad, wo unsere Bergtour zum Großen Widderstein beginnen soll. Der Weg
führt aufwärts durch das Bärgundtal. Mannigfaltig ist die Flora auf den Wiesen,
durch die der Bärgundbach fließt. Immer das gewaltige Massiv des Großen
Widderstein vor Augen wandern wir durch das Tal.
Etwas später über eine
Steilstufe zieht unser Weg immer steiler hinauf auf eine Alm. Auf der Höhe
halten wir kurze Rast mit Blick zurück ins Tal. Nun führt der Weg ostwärts und
in der Ferne sehen wir die Hütte der Widdersteinalm. An einem einsamen
Hochalpsee vorbei erreichen wir den Einstieg zum Großen Widderstein. Hier
steigen wir über eine auffallend schluchtähnliche Rinne auf der Südseite des
Großen Widdersteins auf. Im Schluchtgrund zuerst über Geröll, dann über kurze
Felsstufen zum Westgipfel, in dessen Nähe auch ein Hubschrauber landen kann.
Über herrliche Felspartien,
bei denen die meisten von uns auf allen vieren vorwärts (aufwärts) klettern,
erreichen wir unter der sachkundigen Anleitung von unserem Bergführer Walter
Ernst zum Schluss über einen langen, herrlichen Grat das Gipfelkreuz.
Ein überwältigender Blick,
der höchsten an drei Tagen im Jahr vorkommt, entschädigt alle Mühe und
Anstrengung. Der Blick reicht von den Allgäuer Alpen über das
Wettersteinmassiv, über die Zillertaler Alpen, Stubaier Alpen, Ötztaler Alpen,
Verwall- und Berninagruppe bis hin zum Berner Oberland und die Büdner Alpen
einschließlich Säntismassiv. Im Westen schaut der Bodensee so klar hervor, das
man sogar die Schiffe zählen kann.
Nachdem die Aussicht
genügend genossen wurde und einige Bilder geknipst sind, geht es den gleichen
Weg wieder hinab zur Widdersteinalpe. Dort erfolgt die verdiente Mittagsrast in
der warmen Sonne.
Der Abstieg ins Tal erfogt
über den Genstelpass zur oberen Gemstelalpe. Weiter fürht der Weg, er wurde
teilweise in den Fels gesprengt, über die Klamm des brausenden Gemstelbaches.
Danach wird der Weg wieder etwas flacher und auch besser und wir gelangen
wieder sicher ins Tal.
7.10. Hüttentour zur
Rappenseehütte
Heute ist nur Theorie
geplant (Wie packe ich meinen Rucksack für ein Hüttentour) und dann der
Aufstieg zur Rappenseehütte. Dort haben wir ein super Alpenglühen erleben
dürfen, das ich bis heute in dieser Intensität nicht wieder gesehen habe.
8.10. Heilbronner Weg
Der Heilbronner Weg gilt als
der kühnste und gleichzeitig schönste Felsensteig hochalpine Charakters der
nördlichen Kalkalpen. Er ist durchweg ca. 60 cm breit und verläuft in einer
Höhe von 2400 m bis 2615 m. Der Weg ist ein wahrer Genuss, auch für den
verwöhntesten Alpinisten. Unter geschickter Ausnutzung der Felsformationen mit
ihren Terassen und Bändern führt er mitten durch die wilden Felswände.
Hinter jeder Ecke erwartet
uns ein neues Bild, eine neue Überraschung. Unser Anstieg begann von der
Rappenseehütte und folgte dem Serpentinenweg zum Einschnitt der großen
Steinscharte. Von hier führte uns der Steig durch das Bergsturzgebiet des
Wieslekars mit seinen Riesenblöcken. Die Felsmauern des Hohen Lichts rücken
näher und dann stehen wir nach einem kurzen Anstieg über eine schneebedeckte
Schutthalde am Abzweig zum Hohen Licht.
Der Aufstieg zum Hohen Licht
rechts liegen lassend folgen wir dem Heilbronner Weg, der mitten durch die
wilden Felswände führt. Der enge Spalt des Heilbronner Törls wird passiert,
später geht es durch eine Scharte in die plattengepanzerte Ostflanke und dann
über die Leiter auf den Gipfel des Steinschartenkopfes. Der Weg führt uns
weiter über den luftigen Grat und über den Gipfel des Widen Mannes, durch
dessen Südostabsturz jetzt der Steig leitet. Sehr gut gesichert durch Drahtseile
wird die Bockkarscharte erreicht. Der nächste Gipfel des Hauptkammes, der
Bockkarkopf, wird auf raffiniert angelegtem Weg überschritten. Dabei begeistert
uns immer wieder die nach allen Seiten freie Sicht.
An der Bockkarscharte ist
der eigentliche Teil des Heilbronner Wegs zu Ende. Wir jedoch bleiben in
nordöstlicher Richtung und überschreiten den einzigen „Gletscher“ der Allgäuer
Alpen, den Schwarzmilzferner und erreichen den Einstieg zur Mädelegabel. Als
Abschluss ist der Gang um deie Felsruine des Kratzers anzusehen. Hindurch
zwischen gewaltigen Felsblöcken erfolgt der Abstieg über das wetsliche
Mädelejoch hinab zur Kemptener Hütte.
Dort beschließen wir noch
den Abstieg nach Oberstdorf, wo wir im Dunkeln ankommen.